Prozessoptimierung mit predictive Analytics

Beispiel optimierte Pumpensteuerung

Prozessoptimierung mit Künstlicher Intelligenz II

Andreas Bosel | Thomas Neumann
03.07.2019
Blog Predictive Analytics Künstliche Intelligenz Vorausschauende Wartung Prozessoptimierung News

Der zweite Teil der Blogserie „Prozessoptimierung mit Künstlicher Intelligenz“ zeigt an einem praktischen Anwendungsbeispiel wie aus gewonnenen Daten von Geräten und Prozessen mithilfe künstlicher Intelligenz erweiterte Informationen generiert werden. Diese Informationen werden dann in einer Pumpensteuerung verwendet, um:

  • die Effizienz der Pumpenanlage zu erhöhen.
  • die Wartungsaufwände zu reduzieren.
  • bestimmte Situationen und Fehlerzustände automatisch zu beheben.

Pumpstationen bestehen meist aus mehreren Pumpen, um zum einen Ausfallsicherheit zu gewährleisten und zum anderen die Spitzenlasten zu handhaben.

Bis zu 70 % des weltweiten Stromverbrauchs in der Industrie entfallen auf den Betrieb von elektrischen Maschinen, wobei Pumpen zu den häufigsten Anwendungen gehören. Der Energieverbrauch dieser Pumpen bietet daher ein großes Einsparpotenzial.

Drehzahlgetriebene Steuerungen können helfen, dieses Einsparpotenzial im Energiebereich zu nutzen: denn bei halber Drehzahl wird nur ein Achtel der Energie benötigt.

Der Einsatz von Messtechnik, wie z.B. eine Durchflussmengenmessung in der Förderleitung in Kombination mit einer Energiemessung an der Pumpe, kann zur Optimierung sowie der Früherkennung von Schäden oder Wartungsbedarfen genutzt werden. Oft sind Pumpen für den maximalen Bedarf ausgelegt. Druck und Durchfluss im System werden vielfach nur durch mechanische Elemente wie Wirbelklappen, Drosseln und Ventile begrenzt, wodurch natürlich sehr viel Energie verschwendet wird.

Eine intelligente Pumpensteuerung passt die Motordrehzahl an den tatsächlichen Bedarf an und reduziert den Stromverbrauch dadurch erheblich.

Arbeitsweise einer Doppelpumpstation

Variante a: eine Betriebspumpe und eine Reservepumpe

  • Beide Pumpen haben die gleiche Leistung
  • Die Förderung des gewünschten Förderstromes erfolgt durch eine Pumpe im Einzelbetrieb
  • Bei Störung wird sofort umgeschaltet auf die Reservepumpe
  • Grundsätzlich arbeitet die Pumpstation im wechselnden Betrieb der Pumpen

 

Variante b: eine Grundlastpumpe und eine Spitzenlastpumpe

  • Beide Pumpen haben die gleiche Leistung
  • Die Förderung des in Spitzenzeiten anfallenden Förderstromes erfolgt durch beide Pumpen im Parallelbetrieb
  • Eine Zuschaltung der freien Pumpe erfolgt bei tendenziell steigendem Wasserstand im Pumpensumpf
  • Grundsätzlich arbeitet die Pumpstation im wechselnden Betrieb der Pumpen

Das folgende Diagramm zeigt die Arbeitsweise einer Doppelpumpstation

1             Betriebspunkt Pumpe 1 bei Einzelbetrieb (Q/H) à Pumpe 1 startet ab dieser Füllhöhe

2             Betriebspunkt Pumpe 1 und Pumpe 2 bei Parallelbetrieb (Q/H)

a             Originalkennlinie Pumpe 1

b             Gemeinsame Originalkennlinie Pumpen 1 und 2

c              Um Steigrohrverluste reduzierte Originalkennlinie Pumpe 1

d             Gemeinsame, um Steigrohrverluste reduzierte Kennlinie Pumpe 1 und 2

e             Anlagenverluste ab Vereinigung bis Auslauf

 

Durch den Einbau von Messtechnik und der Auswertung der gemessenen Daten können zum Beispiel folgende Daten gewonnen werden:

  • Durchfluss auf der Förderseite
  • Druck Saugseite / Förderseite
  • Drehzahl
  • Lagertemperatur
  • Wicklungstemperatur
  • Elektrische Leistung
  • Schwingung
  • Vibration

Durch ein initiales Aufnehmen und Anlernen der Soll- Pumpenkennlinie bei der Inbetriebnahme und ein kontinuierliches Monitoring der gemessenen Werte für die jeweiligen Parameter wird ein Normalbild der Anlage gewonnen. Im Verlauf können über Soll-Ist-Vergleiche Abweichungen festgestellt werden. Folgendes Beispiel verdeutlicht dies für die Parameter Leistungsaufnahme und Durchfluss.

Durch den einfachen Soll-Ist-Vergleich können so lediglich Abweichungen festgestellt werden, die relativ unscharf auf ein Problem hinweisen. Diese Information stellt zwar auch schon einen Mehrwert dar, wirklich interessant ist jedoch die Interpretation der Daten und die Zuordnung zu einer bestimmten Problemaussage. Im Idealfall wird dies kombiniert mit einem konkreten Lösungsvorschlag oder bereits mit der Einleitung einer Gegenmaßnahme.

So kann obiges Beispiel wie folgt interpretiert werden

Leistungsmessung => Pumpenkennlinie => Qsoll

Durchflussmessung => Qist

DQ = Qsoll – Qist => im zulässigen Arbeitsbereich oder Störung

plötzlicher Anstieg von DQ => Verlegung der Saug- oder Druckleitung oder Defekt der Pumpe

langsamer Anstieg von DQ => evtl. Verschleiß des Laufrades

 

Anhand dieser Daten kann dann ein neuronales Netz durch Kombination von möglichen Problemen mit den gemessenen Werten und einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf eine Ursache der Störung zurückschließen. Weiterhin möglich ist dann, automatische Versuche zur Problembehebung einzuleiten (etwa bei einer Verstopfung ein spezielles Steuerprogramm auszuführen, welches das Pumpenrad wieder „freischaufelt“) oder konkrete Hinweise zur Problemlösung zu geben (bspw. der Austausch eines Teiles).

Außer zur Wartung können die Daten selbstverständlich auch dazu genutzt werden, den Betrieb der Pumpstation zu optimieren. So kann anhand von Zu- und Abläufen in Kombination mit Betriebsparametern und baulichen Gegebenheiten die Last so verteilt werden, dass unnötige Anlaufzyklen vermieden werden und Spitzenlasten frühzeitig entgegengewirkt wird. Die vorhandenen Pumpen sollen möglichst lange im Bereich der optimalen Betriebspunkte betrieben werden.

So lassen sich sowohl Energie einsparen, als auch Verschleiß minimieren. Ein weiterer Aspekt ist, dass durch vorhersehende Steuerungen evtl. die gesamte Pumpstation kleiner ausgelegt werden kann, da die Spitzenlast intelligent verwaltet wird.

Weitere Möglichkeiten

NIVUS bietet Steuerungstechnik und eine IoT Plattform an, mit der sich solche Aufgaben lösen lassen. Das vorgestellte Beispiel einer intelligenten Pumpensteuerung wurde aufgrund dieser Basis realisiert, ist aber nur einer von vielen möglichen Anwendungsfällen.

NIVUS stellt seine Plattform als Service für Partner zur Verfügung, um smarte Lösungen als Produkte zu entwickeln.

Die Lösungen sind nicht auf eine bestimmte Branche beschränkt, sondern können flexibel in vielen verschiedenen Industriebereichen und Anwendungen zum Einsatz kommen. Ähnliche Lösungen können auch für die Branchen Chemie, Energie und Umwelt, Nahrungsmittel und Getränke oder auch Logistik dargestellt oder neu erarbeitet werden. Wir freuen uns über Ihre Diskussionsbeiträge, sehr gerne auch aus anderen Branchen.

Andreas Bosel

Leiter Datentechnik

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Thomas Neumann

Business Development Digitalisierung und IoT

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